Weil Spina bifida bei jedem Menschen anders ist, wird der angeborene Wirbelsäulendefekt gerne mit Schneeflocken verglichen. Denn auch keine Schneeflocke gleicht einer anderen, jede ist individuell und einzigartig. So gibt es keine zwei Menschen, bei denen sich Spina bifida exakt gleich auswirkt.

Spina bifida (Spaltwirbel oder der sog. “offener Rücken”) entsteht in den ersten 28 Tagen der Schwangerschaft, genau dann, wenn viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Die genauen Ursachen dafür, dass sich das Neuralrohr des Embryos nicht verschließt und an der Wirbelsäule ein Defekt entsteht, sind bis heute noch immer unklar. Als Erklärungsmodelle dienen Folsäuremangel, Probleme bei der Verstoffwechselung von Folsäure, familiäre Vererbung, “umweltbedingte” Faktoren oder einfach “Zufall”. (Wir kennen übrigens viele betroffene Mütter, die z.T. über viele Monate hinweg vor Eintreten der Schwangerschaft Folsäure eingenommen hatten). Die Häufigkeit liegt in Mitteleuropa bei ca. 2 von 1.000 Geburten.
Formen von Spina bifida
Behandlungsmöglichkeiten vor und nach der Geburt

In Deutschland und der Schweiz etablierte pränatale Operationsmethoden können die offene Stelle bereits im Mutterleib mit einem sog. Patch abdecken, um v.a. die Gehfähigkeit der Kinder zu verbessern sowie die Notwendigkeit eines Shunts zu reduzieren. Dies ist aber nur bis zu einer bestimmten Schwangerschaftswoche möglich. In Frage kommen nicht alle Kinder und Mütter und man muss sich die Risiko-Nutzen-Frage stellen. Für einen Kontakt zu Eltern, die diese vorgeburtliche Operation durchführen haben lassen, empfehlen wir das Sternchenforum, die größte deutschsprachige Austauschplattform von Eltern und Selbstbetroffenen und eine Mama aus unserer Gruppe, die gerne über uns kontaktiert werden kann.
Formen von Spina bifida

Es sind mehrere Formen der Spina bifida möglich. Bei der Spina bifida occulta ist der Wirbelsäulendefekt äußerlich nicht sichtbar und kann auch über Jahrzehnte wegen Beschwerdefreiheit unentdeckt bleiben.
Die häufigste Form aber ist die Spina bifida aperta (med. Myelomeningocele, kurz MMC). Hier liegt eine Spaltbildung der Wirbelsäule vor. An der betroffenen Stelle (Zele) wachsen die Nerven im Rückenmark nicht durchgehend weiter nach unten Richtung untere Extremitäten/Beine/Füße, sondern in eine vorgewölbte Hautblase (Zyste), die auf Höhe der Schädigung entsteht. Diese Zyste wird am Tag der Geburt oder am 1. Lebenstag geöffnet, die Nervenenden soweit es geht in den Wirbelkanal zurückgeleitet, die Rückenmarkshäute und danach die Stelle mit der vorhandenen Haut verschlossen. Alle Kinder haben folglich eine längs- oder horizontal verlaufende Narbe an der Stelle, an der der Rücken offen war, meist im unteren Lendenwirbelbereich (lumbal oder lumbosakral).
Ausprägungen und Begleiterscheinungen
Grundsätzlich gilt, je niedriger die Lähmungshöhe, um so günstiger ist die Prognose für eine Gehfähigkeit. Diese kann auch erreicht werden, wenn Kinder in den Füßen weniger oder gar nichts spüren. Über die Jahre können sich Beinfunktionen oder Tiefensensibilität auch leicht verbessern. Da Spina bifida meist im Bereich der Lendenwirbelsäule auftritt, sind die oberen Extremitäten, also Oberkörper, Arme, Hände etc. nicht betroffen. Inkomplette Lähmungen, also Teillähmungen, treten meist ca. ab Bauchnabelhöhe auf.
Häufig entwickelt sich beim Ungeborenen ein Hydrocephalus (sog. Wasserkopf, kurz HC). Dieser entsteht, da das Gehirnwasser (Liquor) durch die Spina bifida (und ggf. durch die dadurch bedingte Arnold Chiari Malformation) nicht mehr ideal über das Rückenmark zirkulieren kann. Durch diese Störung des Kreislaufs sammelt es sich so in den Hirnkammern (Ventrikeln) an. Dieser Hydrocephalus, der optisch nicht sichtbar oder sichtbar sein kann, wird durch die Anlage eines Ableitungs-Systems (Shunt) nach der Geburt behandelt und verursacht dann in der Regel keine Probleme mehr. Die Anlage eines Shunts wird als Routine-Eingriff bezeichnet und die Kinder sind danach sehr schnell wieder fit. Eine kognitive Einschränkung ist bei Spina bifida höchst selten, aber möglich.

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Wir empfehlen hier bitte keine Google-Bildersuche zum Thema Hydrocephalus zu starten. Diese Bilder zeigen oft einen unbehandelten HC, wie er heute dank moderner Behandlungsmethoden nicht mehr vorkommt. Manchmal zeigt sich der HC über vergrößerten Kopfumfang oder Vorwölbungen der Stirn, was sich aber mit Anlage des Shunts zurückbildet.
Meist besteht außerdem eine Beeinträchtigung von Blasen- und Darmfunktion, die aber mit Hilfsmitteln gemanagt wird. Je früher man hier beginnt, desto größer die Akzeptanz und Selbstverständlichkeit bei Kind und Eltern. Bei näheren Fragen freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme.
