Welche Fähigkeiten oder Behandlungsschwerpunkte das eigene Kind besitzt, zeigt es selbst im Laufe der ersten Jahre. Mitentscheidende Faktoren können der Charakter des Kindes sein (im Sinne von gemütlich, neugierig oder ehrgeizig veranlagt). Es gibt viele Angebote für Therapie, sportliche Förderung und Reha. Hier wird jede Familie einen eigenen Weg und ein eigenes Tempo finden und festlegen, was wichtig ist. Besonders sportliche Aktivitäten sind bereits ab frühem Alter möglich. Viele beginnen etwas zeitverzögert mit dem Laufen und wenn ein Rollstuhl benötigt wird, ist das auch förderlich für Körpergefühl und das “Mithalten” mit Gleichaltrigen. Bei Aktivitäten wie Schwimmen oder Reiten, die auch von nicht-behinderten Kindern praktiziert werden, können Kinder mit Spina bifida neben dem therapeutischen Nutzen auch sozial profitieren und selbstverständlich teilhaben. 

Termine, Termine, Termine?

Ja, am Anfang viele. Zu Beginn wird man bei Ärzten vorstellig, mit der Zeit kennt man die Abläufe, die Termine werden über die Jahre weniger. Aus anfänglichen Quartalsuntersuchungen werden jährliche. Zu Beginn ist man in der Physiotherapie mit dabei, irgendwann schickt einen das Kind selbst raus und man hat Zeit für einen Spaziergang. In der Regel kehren beispielsweise die Mütter nach der Karenzzeit planmäßig in den Beruf zurück. 

Die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen findet standardmäßig beim niedergelassenen Kinderarzt statt. Der eigentlich betreuende Arzt ist der/die Neuropädiater*in, er/sie macht Entwicklungsdiagnostik und berät. Wurde ein Shunt gelegt, so wird der Kopf in den ersten zwei Lebensjahren regelmäßig mit Sonografien (Ultraschalls) untersucht. Sobald sich die Fontanelle geschlossen hat, wird dafür ein MRI gemacht, jährlich oder überhaupt nur noch nach Bedarf. Ansprechpartner sind hier die behandelnden Kinderchirurgen. Zu Beginn gibt es außerdem regelmäßige Termine in der Sehschule, u.a. weil sich ein Nichtfunktionieren des Shunts (Dysfunktion) in erhöhtem Augendruck (sog. Stauungspapille) bemerkbar machen kann. Die Funktionen der Ausscheidungsorgane werden in der Funktionsdiagnostik überprüft, u.a. mit sog. urodynamischen oder videourodynamischen Untersuchungen, oder Nierenszintigrafien, mit der sich Blasendruck und Nierenfunktion abbilden lassen. Gerne geben wir dazu im persönlichen Austausch Auskunft. 

Gibt es orthopädische Probleme (z.B. Klumpfüße, luxierte Hüften), so wird empfohlen hier spezialisierte Kinderorthopäd*innen aufzusuchen, die viel Erfahrung mit Spina bifida haben. Immer mit im Therapie-Set sollte die Physiotherapie sein und wenn Orthesen benötigt werden, ist mit einer mindestens jährlichen Wachstumsanpassung der Orthesen oder Gehhilfen zu rechnen. Hierfür macht man sich Termine bei Kinderorthopäd*innen und Orthopädietechniker*innen aus. 

Das alles bedeutet Aufwand und viel Neues, vor allem am Anfang. Jedoch sind das keine unangenehmen Termine und insbesondere die Einstellung der Eltern hilft dabei, alles gut in den Alltag zu integrieren. Hat man das Vertrauen, dass sich mit jedem Termin etwas Positives tut und das eigene Kind dort Unterstützung erfährt, kann man mit der Zeit viele nette Menschen und Kinder kennen lernen und freut sich am Fortschritt des eigenen Nachwuchs. 

Finanzielles

In Österreich kann neben der erhöhten Familienbeihilfe zu einem späteren Zeitpunkt Pflegegeld beantragt werden.

In Deutschland kann bereits ab der Geburt ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden. Dieser bietet steuerliche Vergünstigungen und ggf. Ermäßigungen bei Eintritten etc. Bei Mehraufwand in der Pflege gegenüber Gleichaltrigen kann ein Pflegegrad beantragt werden, wodurch Anspruch auf Pflegegeld aber auch “Entlastungsleistungen” (z.B. Haushaltshilfe, Zuschuss für Babysitter) besteht.

Hilfs- und Pflegemittel werden in der Regel bis auf einen kleinen Selbstbehalt problemlos von der Krankenkasse übernommen. Ausführlichere Informationen gibt es dazu in den FAQs

Ein Rolli als Teil der Lösung

Manche Kinder mit Spina bifida erlernen problemlos das Gehen, manche später oder mit Hilfsmitteln.

Manche, die gehen konnten, brauchen dennoch im späteren Leben Unterstützung durch den Rollstuhl. Und manche brauchen ihn gleich. Dabei ist der Rollstuhl nicht das Problem, sondern wichtiger Teil der Lösung und verschafft Freiheit, Mobilität und ermöglicht sportliche Aktivitäten (dazu findet ihr mehr in der Linksammlung).

Bereits im Krabbelstuben/Kita-Alter wird das Rollifahren erstaunlich schnell erlernt, da ein Rollstuhl sehr intuitiv zu bedienen ist. Durch leuchtende Vorderräder oder bunten Speichenschutz wird der Rolli zum bunten Begleiter und positiven Hingucker. Die Rollstühle werden von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.

Öffentliche Einrichtungen werden heute selbstverständlich barrierefrei gebaut und besonders im städtischen Raum gehört Barrierefreiheit immer mehr “zum guten Ton” oder Standortvorteil. Über die 2008 in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention werden die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigung gestärkt und Maßnahmen für eine bauliche Barrierefreiheit gesetzt. (Das tun z.B. Land Salzburg und Stadt Salzburg in Sachen Barrierefreiheit/UN-Behindertenrechtskonvention). Über die Online-Karte wheelmap.org kann weltweit die Barrierefreiheit einer Stadt/eines Ortes eingesehen werden.

Mit einem Parkausweis kann auf Behindertenparkplätzen geparkt werden, auch im Ausland. Über einen speziellen Schlüssel, den Euro-Key, hat man Zugang zu barrierefreien Toiletten und z. B. in der Stadt Salzburg zu den (pollergeschützten) Behindertenparkplätzen.